Drei Tage voller Inspiration, Hoffnung, aber auch Unsicherheit – rund 50 hochmotivierte Mental Health Coaches kamen in Kassel zu einem Qualifizierungs- und Austauschtreffen zusammen. Mit dabei waren sowohl engagierte Fachkräfte, die bereits seit Beginn des Programms im Schuljahr 2023/2024 aktiv sind, als auch neuere Kolleg*innen. Im Mittelpunkt standen praxisnahe Workshops, kollegialer Austausch und der Besuch des Bundesjugendministeriums, vertreten durch Katharina Bergmann, die ihre große Bewunderung für die Arbeit der Mental Health Coaches aussprach.
Gleichzeitig schwebte über dem Treffen eine große Ungewissheit hinsichtlich der Zukunft des Modellvorhabens. Denn aktuell ist das Programm Mental Health Coaches, das von den Jugendmigrationsdiensten (JMD) und Trägern der Jugendsozialarbeit umgesetzt wird, nur bis Ende Juni 2025 gesichert. Die Entscheidung zur Weiterführung steht noch aus. Diese ist abhängig von den anstehenden politischen Entscheidungen zum Bundeshaushalt.
Bundesjugendministerium und Fachreferent*innen begegnen Mental Health Coaches mit großer Anerkennung
Den Besuch von Katharina Bergmann, der für das Modellvorhaben Mental Health Coaches zuständigen Referatsleiterin im Bundesjugendministerium, empfanden die Fachkräfte als besonders wertschätzend. Diese nahm sich viel Zeit für intensive Gespräche mit den Mental Health Coaches, informierte über den aktuellen Stand zur Weiterführung des Modellvorhabens und würdigte in einer Austauschrunde mit allen Fachkräften deren Wirken: „Das Modellvorhaben hat in kürzester Zeit enorm beeindruckende Erfolge erzielt. Ihr Engagement ist wirklich außergewöhnlich und wir kämpfen intensiv für den Erhalt und den Ausbau des Programms, damit es eine längerfristige Perspektive gibt.“
Auch die Fachreferent*innen der vier Trägergruppen – Katja Pietsch und Dominique Reißenweber (Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V.), Vierka Grallath (Bundesarbeitsgemeinschaft Ev. Jugendsozialarbeit e. V.), Özlem Tokyay (Bundesarbeitsgemeinschaft Kath. Jugendsozialarbeit e. V.) und Jochen Kramer (Internationaler Bund) – unterstrichen die hohe Wirksamkeit des Programms und drückten ihre Bewunderung für die engagierte Arbeit der Mental Health Coaches aus. Özlem Tokyay und Katja Pietsch betonten, dass deren niedrigschwellige Angebote genau auf den hohen Präventionsbedarf zu mentaler Gesundheit einzahlen. Die Fachkräfte hätten in kürzester Zeit nicht nur eine extrem hohe Akzeptanz an Schulen erreicht und vertrauensvolle Beziehungen aufgebaut, sondern auch wertvolle Netzwerke geknüpft und Zugang zu weiterführenden Hilfsangeboten geschaffen – selbst in strukturschwachen Regionen. Als hochausgebildete Fachexpert*innen setzten sie innovative Ansätze schnell und flexibel um.
Wie wichtig die Arbeit der Fachkräfte ist, wurde auch durch eine Wortmeldung von Mental Health Coachin Hannah Schütze vom JMD Niederlausitz deutlich: „Wir sind immer wieder erstaunt, wie groß der Bedarf an Gruppenangeboten ist und welche Probleme durch präventive Maßnahmen aufgedeckt werden – wie hoch die Belastungen sind.“ Gleichzeitig betont Mental Health Coachin Annika Lubitz vom JMD Plauen: „Vor allem die langfristige Arbeit ist wichtig. Denn erst dann kann etwas erreicht werden. Das merken wir immer wieder.“ Damit waren sich alle einig: Die Chance, so nachhaltig wirken zu können, muss unbedingt weiterhin genutzt werden.
Praxisnahe Workshops & intensiver Erfahrungsaustausch
Bei einem Gallery-Walk präsentierten einzelne Fachkräfte die facettenreiche Bandbreite ihrer Arbeit an den Schulen und regten damit lebendige Diskussionen an. Die Mental Health Coaches Marie Kauer vom JMD Potsdam, Betül Daskin vom JMD Frankfurt-Höchst, Lisa Schanderl vom JMD Landsberg am Lech und Nina Pfeifer vom JMD Landshut stellten anschaulich vor, welche Angebote sie an ihrer Kooperationsschule umgesetzt haben. So wurde beispielsweise vom erfolgreichen Tanzworkshop für Mädchen berichtet.
Für neuere Mental Health Coaches wurde von Hendrikje Schmidt von Kopfsachen e. V. zudem die verpflichtende Basisqualifizierung angeboten – mit fachlichen Impulsen, Erfahrungsaustausch und Diskussionen über Herausforderungen im Schulalltag. Besonders intensiv wurde die Zusammenarbeit mit bestehenden Hilfsangeboten und die eigene Rollenfindung reflektiert. Insgesamt legte Hendrikje Schmidt großen Wert darauf, die verschiedenen Erfahrungsschätze der Fachkräfte zu berücksichtigen und ausreichend Raum für Austausch zu geben.
Parallel dazu konnten die erfahreneren Mental Health Coaches aus zwei weiteren Fortbildungsangeboten wählen:
- Bei „Stark fürs Leben in unserer medial durchdrungenen Welt werden – mit Medienkompetenz UND Resilienz“ führte Marie-Therese Stedry von Waldspatz-Medien durch die Grundlagen medienpädagogischer Arbeit. Die Fachkräfte lernten anwendungsorientierte Methoden zur Förderung bewusster Mediennutzung kennen, tauschten sich über eigene Erfahrungen aus und entwickelten Ideen, wie sie medienpädagogische Ansätze in ihrer Arbeit an den Schulen einsetzen können.
- Thomas Müller von Artsbased Solutions legte in seinem Workshop „Stimmt der Auftritt?" den Fokus auf Körpersprache, Stimme und Präsenz – mit kreativen Übungen aus Theater, Gesang und Tanz zur Stärkung der eigenen Wirkung in Gruppen und im Schulalltag. Die Mental Health Coaches reflektierten ihr eigenes Auftreten und schärften ihre persönlichen Potenziale, um in Vortragssituationen authentisch zu erscheinen und Wirkung zu erzielen.
Außerdem konnten sich die erfahreneren Mental Health Coaches in einem offenen Programmformat („Open Space“) zu ihren aktuellen und individuellen Bedarfen in Kleingruppen austauschen – praxisnah, kollegial und auf Augenhöhe.
Für alle Fachkräfte wurde zudem noch ein Workshop zur Mediensuchtprävention von Andreas Pauly von Mediensuchtprävention NRW e. V. („Alles on – Mental Health und Digitalisierung“) angeboten, der die Chancen und Risiken digitaler Medien und deren psychologische Auswirkungen für Jugendliche beleuchtete. Für die potenziellen Gefahren von Social Media, Gaming, Streaming und Co. – wie beispielsweise Mediensucht oder Cybermobbing – erarbeiteten die Fachkräfte Strategien zur Prävention und diskutierten, wie man Jugendlichen im digitalen Zeitalter unterstützend begegnen kann.
Ein starkes Netzwerk, große Fachlichkeit und der Wunsch, diese wichtige Arbeit langfristig fortführen zu können
Und viele Fachkräfte äußerten ihre Sorge, dass ihre wichtige Arbeit bald enden könnte. Nina Stracke vom JMD Kassel bringt es emotional auf den Punkt: „Ich kriege einen Kloß im Hals, wenn ich daran denke, dass wir uns bald vielleicht nicht mehr sehen.“ Ein Satz, der hängen bleibt – und der verdeutlicht, wie viel mehr dieses Projekt für die Fachkräfte bedeutet als nur einen Job.
Katharina Bergmann weiß um die herausfordernde Situation und schätzt das Durchhaltevermögen und den Einsatz der Fachkräfte sehr: „Die hohe intrinsische Motivation der Coaches und ihre Identifikation mit der Rolle und dem Programm ist wirklich bewundernswert, gerade angesichts der momentan unsicheren Situation.“ Das bestätigt auch Annika Lubitz vom JMD Plauen: „Trotz der prekären Arbeitsbedingungen denk ich jedes Mal, wenn wir uns treffen: ‚Wow! Was ist das für eine tolle, motivierte Gruppe!‘“
Trotz der unklaren Zukunft war in Kassel vor allem eines spürbar: Zusammenhalt, Leidenschaft – und der unbedingte Wille, die Erfolge der vergangenen Monate weiterzuführen. Ein starkes Signal an die Politik, dieses Engagement nicht verpuffen zu lassen.
Ein Beitrag von:
Servicebüro Jugendmigrationsdienste; Fotos: Servicebüro Jugendmigrationsdienste





















